Wer mich kennt weiß, dass ich zu den Medien im Allgemeinen ein etwas distanziertes Verhältnis in den letzten Jahren gewonnen habe. Es ist nicht so, dass ich etwas gegen die Pressefreiheit hätte. Ganz im Gegenteil, es ist eines der höchsten Güter unserer Gesellschaft. Allerdings gibt es kaum einen Beruf, mal abgesehen vom Politiker vielleicht, wo man so viel Mist und Unsinn produzieren kann, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden.

Jeder hat sicher schon einmal einen Pressebericht über sein Fachgebiet gehört, gelesen oder gesehen, und gedacht, welcher Hauptschüler hat da die Feder geschwungen. So geht es mir mit zahnmedizinischen Berichten in den Medien im Grunde fast immer. Vielleicht sind solche Berichte immer eine Strafarbeit für die unbeliebtesten Deppen im Unternehmen, Auftragsarbeiten oder aber die Journalisten haben schlicht und ergreifend keine Zeit, sich damit längere Zeit zu beschäftigen…wer weiß. Fakt ist, ich kenne keinen Bericht über Zahnmedizin oder medizinische Themen, den ich ansatzweise als gut recherchiert bezeichnen würde. Ich habe daher in der Vergangenheit schon einige Male mit Programmdirektoren und Verantwortlichen korrespondiert, selbst wenn man sich für die Aufklärung „bedankt“ hat, Folgen hat es meist keine. Aber Schwamm drüber, hätte ich halt was gescheites gelernt.

Zurück zum Grund meines Post, dem 3sat Beitrag . Da wird postuliert, dass die Telematik der Heilsbringer für fast alle medizinische Probleme der Gegenwart wäre. Angeblich könnte sie Leben retten, Doppeluntersuchungen vermeiden, bei der Kommunikation helfen und vieles mehr. Daher ist natürlich zwangsläufig jeder, der gegen diese Telematik ist, entweder ein Lobbyist, ein Abrechnungsbetrüger oder jemand, der gegen Transparenz im Gesundheitswesen ist. So einfach ist das und fertig ist der Bericht. Tja, liebe Vollpfosten-Journalisten so leicht ist es eben doch nicht, auch wenn euer Auftraggeber das vielleicht gerne so sähe.

Zuerst kommt ein Mann namens Tino Großmann von der CompuGroup Medical zu Wort. Dieser Mann behauptet doch allen Ernstes, dass die Telematik unknackbar und das sicherste an Technik auf deutschem Boden sei. Also Firmen, wie Yahoo, Facebook und ähnliche Riesenkonzerne schaffen es nicht, ihre Netzwerke sicher zu machen, die Telematik aber schon? Selten so gelacht. Eigentlich sollte man dem Mann das Wahlrecht wegen Unzurechnungsfähigkeit entziehen. „Sicher“ gibt’s im Computerzeitalter per definitionem nicht, und Gesundheitsdaten von Patienten inklusive Befunden, Röntgenbildern etc. sollten das Angriffsziel jedes umsatzorientiert arbeitenden Hackers, der etwas auf sich hält, sein. Die Vergütungen, die Versicherungen für diese Daten zahlen, sollten fürstlich sein. Und da hätten wir auch schon die Hauptgründe, warum die Ärzteschaft gegen die elektronische Gesundheitskarte bzw. die Telematikinfrastruktur ist. Zum einen kostet das ganze einen Arsch voll Kohle, den wir Ärzte nur zum Teil erstattet bekommen und zum anderen haften wir Ärzte und Zahnärzte persönlich für die Sicherheit der Patientendaten mit unserem Leben und unserer Praxis. Salopp ausgedrückt, wenn die CompuGroup mit ihrem Konnektor Scheiße baut, haften wir mit horrenden Strafsummen, die existenzbedrohend sind.

Als nächstes kommt ein Herr zu Wort, der sich Arno Elmer nennt, ein Beratungsinstitut – also im Grunde eine Lobbyorganisation – besitzt und Gesundheitswissenschaftler ist. Vielleicht hätten die Journalisten mal erwähnen sollen, dass dieser Herr von 2012 bis 2015 Hauptgeschäftsführer der Gematik war, also der Organisation, die unter seiner Regie hauptverantwortlich für die Weiterentwicklung und Einführung der elektronischen Gesundheitskarte ist und die mit dieser nutzlosen Plastikkarte über 2 Milliarden Euro versenkt hat. Da er nicht geliefert hat, musste er seinen Posten räumen und ist deshalb sicher ziemlich sauer. Schuld daran sind natürlich jetzt die anderen. Als Frustbewältigung ein Lobbyinstitut zu gründen finde ich aber wegweisend. Die Argumentation des Herren ist allerdings leider etwas dünn. Sicherlich stimmt es, dass eine gewisse Transparenz für medizinische Murkser ein Problem ist. Allerdings sind die Ärzte zum einen an sich schon eine extrem kontrollierte Berufsgruppe, zum anderen ist es ja nicht so, dass bei uns nur Pfuscher am Werk wären, für die man eine Milliarden teure Plastikkarte entwickeln müsste. Ein viel größeres Problem der Transparenz ist, dass die Interpretationshoheit über korrekte Therapien plötzlich bei Richtlinien-Gremien und Krankenkassen landet. Anders formuliert, es ist nicht wichtig, dass der Patient gesund wird, sondern dass die Versicherungen Kohle sparen. Wie das aussieht können die Krankenhäuser aktuell gerade durchexerzieren. Und das ist vermutlich nur ein Vorgeschmack auf Kommendes. Auch der Hinweis von Herrn Elmer, dass irgendwelche Interessengruppen plötzlich von ihren Profiten abgeschnitten werden, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Das Beispiel mit den Rezepte scannenden Apothekern ist schon sehr lustig. Irgendwie glaube ich nicht, dass die Kernkompetenz der Apotheker das Rezeptescannen ist. Mir war auch nicht klar, dass die Rezepte-Scan-Mafia so wahnsinnig profitabel arbeiten kann und eine Lobby besitzt. Mir schwant eher, dass andersherum ein Schuh draus wird, nämlich dass die Gesundheitsmafia durch Nichteinführung der Telematik von lukrativen und gewinnbringenden Datenströmen abgeschnitten ist.

Na ja, wie auch immer. Ich fand auch das Fazit schön, dass wir Zahnärzte ohne Telematik mehr Röntgen können. Das zeigt, wie wenig Ahnung die Vollpfosten von 3sat von unserer Überwachung haben. Zum einen sind wir den Erfüllungsgehilfen von KZV und Co. rechenschaftspflichtig, wenn wir zu viel röntgen (inklusive Regresse), zum anderen kriege ich für ein blödes Röntgenbild, welches samt Diagnostik schon etwas Zeit braucht 11 oder 12 Euro. Mit anderen Worten, Röntgen ist aus finanzieller Sicht für den Zahnarzt ziemlich unlukrativ.

Liebes Team von 3sat, könnt ihr euch vielleicht zukünftig mehr auf Themen beschränken, die einem Spartensender gerecht werden? Bald ist doch wieder Weihnachten, da bietet sich doch eine Reportage über unterschiedliche Weihnachtsmärkte der Welt, z.b. in Sachsen, in Bayern, in New York, in Naypyidaw und in Riad an. Da könnt ihr dann schöne Bilder zeigen, ungeliebte Mitarbeiter weit weg in die Welt schicken und alle sind glücklich.

Beteilige dich an der Unterhaltung

11 Kommentare

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

  1. In den letzten Tagen haben unsere politisch „Verantwortlichen“ wieder tüchtig dazu lernen müssen (s. aktuelles Promihacking): Man treibt sich munter und immer weiter bei Facebook usw. herum, erläßt Gesetze, die (natürlich nur) die Kassenpatienten zu einer sehr fragwürdigen neuen elektronischen Gesundheitskarte (eGk) zwingen (nebst großer Probleme in den Praxen) und der ausnahmweise auch einmal betroffene Politiker wundert sich erbost über das Hacking gewisser Daten. Was man anderen (Untertanen) also locker zumutet, will man für sich nicht im Geringsten haben und schreit sofort nach aller Staatsgewalt!

  2. Sehr geehrter Herr Doktor Wittig,
    hätten Sie sich mal die Mühe gemacht, und abends einen Entwickler der TI zu einem Bier eingeladen.
    Der hätte Ihnen nach dem siebten oder achten Getränk dann erzählt, daß die TI zwar „eigentlich“ sicher ist, aber durch die ganzen Schutzmassnahmen die Bedienbarkeit leidet, und wahrscheinlich nie einen klinischen Nutzen haben wird.
    Falls nicht vorher ein russischer Hobbyhacker das ganze System zerschiesst.
    Daten sind das neue Öl. Da war doch was, oder? Einer meiner Kollegen hat ein mögliches Szenario treffend beschrieben. Dazu muss man wahrlich kein Verschwörungstheoretiker sein.

    Sie kritisieren übrigens den Stil des Blogbetreibers, selbst gehen Sie mit Ihren Awards hausieren. O.K., es waren keine Venus Awards, aber das ganze hat leider ein gewisses „Gschmäckle“.
    Der Erfolg gibt ihm doch Recht. Auf einen „gemässigteren“ Blogbeitrag hätten Sie wahrscheinlich nicht reagiert. Das unterstelle ich Ihnen mal.

    So, ich gehe dann mal golfen, so ein 2h-Arbeitstag schlaucht. Es soll Kollegen geben, die noch 3h arbeiten müssen. ROFL!
    Ach ne, ich muss erst mit der Kohleschaufel meinen Geldspeicher umschichten – finden Sie heutzutage mal Personal dafür. Sogar meinen Bentley muss ich schon selbst betanken.

  3. Hallo Herr Dr. Wittig,

    Ihr Problem ist, dass Sie die Ablehnung der Gesundheitskarte durch die Ärzte und Zahnärzte nur an finanziellen Interessen festmachen wollen.
    Das ist eben falsch!
    Unser Problem ist der Datenschutz, sonst nichts!
    Wozu eine Speicherung in einer Cloud? Wieso eine Internetverbindung von Praxiscomputern mit sensiblen Daten? Für die übrigens der Arzt die Verantwortung trägt!
    Es wäre kein Problem Medikamente, Allergien, bereits erfolgte Behandlungen etc. direkt auf der Karte zu speichern! Das wäre die einfache und sichere Lösung.
    Warum gibts das nicht? Weil dann niemand mehr Zugriff auf sensible Daten hätte und dann leider kein Geld mehr damit verdienen könnte.

    Darüber könnten Sie ja mal nachdenken und dann einen Bericht senden…..

  4. Viel schlechter als der Beitrag selbst, ist eigentlich die Reaktion von Herrn Wittig,
    erinnert mich eher an Kindergarten als an sachliche Diskussion, deren Mangel er doch in seinem Statement so hervorhebt…

    Und natürlich ist seine pauschale Unterstellung der abzockenden Ärzte und Apotheker etwas ganz anderes als die Unterstellung des Threadautors gegenüber Journalisten.

    Jeder weis ja das Ärzte geldgierige Abzocker sind, die mal gerne fünfe gerade sein lassen, während Journalisten quasi Universalgenies sind, die auch ohne einen Beruf der jeweiligen Richtung erlernt zu haben fachlich fundiert und Objektiv zu jedem Thema berichten können.

    Schade das mir als einfachem Zahnmediziner diese Kompetenz fehlt, ich werde dann jetzt mal weiter sinnfreie Röntgenbilder anfertigen, und am Ende meines drei Stunden Tages im Masserati in den Golfclub fahren.

    P.S. ganz wichtig ist es den Doktor zu erwähnen, das hebt die Kompetenz nochmals, manche verzichten auf die Nennung, aber das sind alles Loser.

  5. Bevor man einen ganzen Berufsstand diffamiert, sollte man sauber recherchieren. Der 3sat-Beitrag bleibt auch diesbezüglich unangemessen oberflächlich und für mich offensichtlich interessenmotiviert. Das ist gegenüber Patienten und Medizinern unfair. Wenn so viele Mediziner in anderer Hinsicht fehlmotiviert sind, hat das konkrete Ursachen, die einer differenzierten, seriösen auch systemkritischen Betrachtung bedürfen.

    Und auch da liegt das TV-Prachtstück falsch: Die aktuelle TI hat kaum Vorteile für Patienten oder Ärzte, sondern zwingt datenbewußte Offline-Praxen konzernfreundlich zum Datenramsch.

  6. Herr Wittig,

    ich bin ein junger Zahnmediziner, der vor Kurzem den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt hat. Ich habe mir das wohl überlegt, die Argumente, Für und Wider abgewogen, die Marktsituation analysiert und mich letztlich doch dafür entschieden.
    Der Beitrag für 3Sat vom SWR, den Sie scheinbar mittragen, möchte ich in seiner Grundform nicht weiter thematisieren. Ich bitte Sie sich einfach nicht zu wundern warum der deutsche Journalismus immer weiter in seiner Beliebtheit sinkt. Es ist mir völlig bewusst, dass mit Qualitätsjournalismus der durch sachliche Recherche die Allgemeinheit eher langweilt, wenig verdient wird, da durch eine ausgewogene Berichterstattung beide Seite zu Wort kämen. Berichtet man hingegen wie es leider der Zeitgeist nun zum Usus hat werden lassen reißerisch, einseitig und unausgewogen, kriegen Sie Ihre Quote, ein kurzes finanzielles Strohfeuer, dass Ihre „Abteilung Wissenschaft“ am Überleben hält.

    Ich hab Ihre Vita kurz überflogen – ich denke nicht, dass Ihr Thema die Optimierung der Patientenbehandlung ist. In jedem Interview ist die latente Sinnstruktur eine unverhohlene Neidkritik auf Gehälter im Gesundheitswesen. Als Wissenschaftler – so nennen Sie sich selbst – sollten Sie darauf Acht geben, den Fokus nicht zu verlieren bzw. Indizien richtig zu deuten. Sie wissen zwar, was eine Metastudie ist, was das Cochrane Institut so macht, aber Ihre Schlüsse aus einer Studie sind grenzwertig. Sie lassen es völlig im Dunkeln, wie Sie Ihre Ergebnisse ziehen und analysieren erst gar nicht das Resultat. Ich kann und darf das sagen, ich habe selber Metastudien entwickelt (unter anderem eine, die ein beliebtes Präparat Nutzlosigkeit bestätigt. Das Ergebnis in Schriftform liest sich aber fast wie eine positive Beurteilung. Erst das genaue Lesen und die aufwendige Analyse der Statistik, der vielen integrierten Studiendesigns lässt dem Fachleser erkennen, was das eindeutige Ergebnis ist.) Ich spreche Ihnen – sein Sie mir bitte nicht böse, diese Fachwissen ab, da sie kein Wissenschaftler in diesem speziellen Bereich sind.

    Sie können natürlich tun und schreiben was Sie wollen. Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut und muss beschützt werden. Aber Artikel wie dieser, lassen mich nicht nur an Ihrer Sorgfaltspflicht zweifeln.
    Wenn Facebook schreibt und im Werbefilm titelt „Uns sind Deine Daten wichtig.“ kann man in ganz Deutschland das Gelächter hören. Selbiges ist mittlerweile zu hören, wenn ich von Ihrer Kollegin den Satz „Wir fühlen uns einem kritisch berichtenden Journalismus, aber auch einer objektiven und ausgewogenen Berichterstattung verpflichtet. Ihren Vorwurf der einseitigen Berichterstattung weisen wir entschieden zurück.“ lese. Es ist eine hohle Floskel geworden, die für sich genommen nicht schlimm ist, würde sie nicht den politischen Feinden unserer Demokratie das Öl ins Feuer kippen.
    Sie können nicht solche Dinge von sich behaupten und sagen, wenn Sie nicht der Wirklichkeit entsprechen. Die Leute, Ihre Zuschauer, Freunde und Kritiker sind nicht doof, Sie untergraben mit Ihren hemdsärmlichen Recherche einfach nur Ihre Glaubwürdigkeit.

    Ich kann meinen Vorredner Herrn Kanev einfach nur beipflichten. Die Telematik ist der Sargnagel für uns als Bürger. Kein Unternehmen braucht mehr Bots, die stundenlang irgendwelche Profile abklappern. Jetzt ist alles zentral abrufbar und vor allem wirtschaftlichen Interessen komplett frei gestellt. Mit den Daten über Ihre Krankheiten, Ihren Gesundheitszustand den Ergebnissen in Ihrem Blut, damit haben sie das restliche bisschen Persönlichkeit dem Staat zum Geschenk gemacht.
    Angenommen Sie haben Kinder, es läuft mal in der Schule nicht so toll und es muss zu einem (Schul-)psychologen. Was glauben Sie, was der Staat irgendwann einmal mit diesen Daten macht? Was glauben Sie, wie sehr es die Krankenkassenindustrie reizt diese Daten zu verwerten? Was glauben Sie, wie groß die Probleme sein werden, wenn Ihr Kind sich einmal selbstständig machen möchte und eine Risikoversicherung braucht und das dann zum Vorschein kommt? Alles was jetzt als Grundstein gelegt wird, tragen unsere Nachkommen als Erbe. Es gab schon mal Zeiten in Deutschland, in der solche Gesamtdaten politisch ausgenutzt wurden. Und sie erzählen etwas von „riesigen ökonomischen Nutzen“? Ja, für wen denn? Medizinischer Nutzen? Falls sie es noch nicht gemerkt haben: Auf Ihrer Gesundheitskarte ist ein Chip, der könnte all das speichern. Kostet nix, gleicher Nutzen.
    Ich bin als 80er Baujahr mit dem PC aufgewachsen. Ich weiß wo in der IT die Grenzen sind, was machbar ist, machbar sein sollte und man vielleicht besser unterlässt. Sie als Wissenschaftler haben sicherlich andere Kompetenzen als sich über Verschlüsselung den Kopf zu zerbrechen.
    Allerdings hätte eine kurze Recherche im Internet ergeben, das PGP bzw. GPG (das Open-Source Pendant) seit Mitte diesen Jahres eben nicht (mehr) sicher ist. Eine Lücke Namens eFail sorgt beim Empfangsklienten dafür, dass Ihre Nachrichten in Klartext Dritte unverschlüsselt weiter gereicht werden können. Im Übrigen nicht nur die aktuellen Dokumente, nein auch lassen sich alle bisher verschlüsselten Nachrichten dechiffrieren.
    Allerdings verwechseln Sie glaube Datentransfer mit Datenspeicherung. Dort liegen zwei verschiedene Grundideen der Verschlüsselung zu Grunde. Vielleicht wäre das ein Thema, das Sie recherchieren sollten. Vielleicht auch, ob es nicht Sinn macht, mit einer staatlichen Unix-Distribution erst einmal eine EDV Basis zu schaffen, die unser Land kontrolliert – momentan läuft das Gesundheitsministerium nämlich unter Microsoft Windows und das ist wie man selbst als Privatanwender merkt, der Willkür aus Redmond frei ausgesetzt. Ebenso ist es das weltweit führende System als Hauptziel von Hackern.
    Warum ich Ihnen das auch schreibe? Scheinbar ist Ihnen der Telematik-Skandal in Singapur entgangen. Dort ist eben genau jenes passiert. Besonders peinlich: Auch die persönlichen Daten vom Regierungschef Lee Hsien Loong sind mit anderen 1,5 Millionen anderen Daten gestohlen worden.
    Ich kann Sie nur inständig bitte, sich einfach mehr mit der ganzen Thematik zu beschäfitgen. Sie setzen so stolz den „Dr.“ in Ihre Unterschrift, also leisten Sie auch was dafür. Beiträge wie der Ihre nutzen niemanden. Unserem Gesundheitssystem nicht, uns Ärzten, Ihnen als Journalist und vor allem nicht den Patienten (ich als Arzt bin übrigens auch irgendwo Patient und zudem in einer GKV!).
    Größe würden Sie zeigen, wenn Sie sich selbst kritisch hinterfragen, ob das alles Nötig war. Ich bin gespannt, Herr Doktor.

    1. Kann mich meinen Vorrednern nur anschließen und bedauere sehr, dass nicht objektiv im staatlichen TV (hier durch Herrn Wittig – Glückwunsch zu ihren Trophäen) über die Telematik berichtet wird. Mittlerweile gibt es so viele engagierte Mediziner, die das Milliardengrab TI ablehnen und hier nicht in blinden Kadavergehorsam verfallen… Denen allen Gier und Profitsucht zu unterstellen, ist für mich als praktizierende Medizinerin unerträglich und ich fühle mich durch solche Unterstellungen persönlich angegriffen.

  7. Stilfragen interessieren hier niemanden. Es geht um das Wohl unserer Patienten. Und einseitige, kritiklose, naiv fortschrittsgläube TV-Beiträge im Sinne interessierter Kreise (hier Digitalindustrie) sind da höchst ärgerlich für die nicht emotionsamputierten Fachleute in Verantwortung gegenüber ihren Patienten. Diese hochverantwortlichen Fachleute wurden übrigens bereits von politisch „Verantwortlichen“ als „Geiselnehmer ihrer Patienten“ bezeichnet, ohne das Gerichte eingeschritten wären. Soviel zum Thema „Stilfragen“.

    Es wird im besagten 3Sat-Beitrag völlig realitätsfern zwischen den Zeilen von höchster Sicherheit der TI gefaselt. Immerhin sind in den letzten Jahren unzählige höchst sichere Bereiche bis hin zu Banken und Bundestag gehackt worden und Systembetreiber erpresst worden. Desweiteren liegt der Bundesdatenschutzbeautragten bis heute nicht das nötige Sicherheitszertifikat der Gematik vor. Und welche gewaltigen Profitgedanken einer Skepsis der deutschen Zahnheilkunde zugrunde liegen, legt der Verfasser in keiner Weise realitätsnah dar. Gegendarstellung: Röntgenbilder werden längst regelmäßig anonymisiert versandt oder den Patienten persönlich übergeben, damit keine Doppelbestrahlungen stattfinden; auch dafür braucht niemand diese von interessierten Kreisen gepuschte Telematik.

    3Sat erweckt mit solch einem TV-Bericht m.E. den Eindruck von solchen Kreisen vereinnahmt zu sein. Man sollte sich vorher ernsthaft mit den darin zu Unrecht stigmatisierten Fachleuten unterhalten haben!

  8. Hallo Sie Blogger

    ich habe den Bericht über die Gesundheitskarte gemacht, den Sie so angreifen. Ich arbeite seit über dreißig Jahren als Wissenschaftsjournalist. Seit über zwanzig Jahren schwerpunktmäßig in der Medizin. Ich habe unter anderem den Journalistenpreis des Deutschen Netzwerks für evidenzbasierte Medizin und den Filmpreis der Gesellschaft der unabhängigen Gesundheitsberater erhalten. Es ist mitnichten so, dass ich den Auftrag für diesen Film als „Strafarbeit“ bekommen hätte. Das Vorgehen gegen irrationale Strukturen in unserem Gesundheitssystem ist seit vielen Jahren ein persönliches Anliegen von mir.

    Das „Gerangel“ um die Einführung der Gesundheitskarte (elektronische Patientenakte) verfolge ich seit vielen Jahren. Dass die Zusammenführung der medizinischen Daten eines Patienten sowohl für den Patienten als auch für das Gesundheitssystem von immensem ökonomischen und medizinischen Nutzen sein kann, darüber besteht unter Gesundheitswissenschaftlern kein Zweifel. Dass ausgerechnet die Lobbyorganisationen, die an überflüssiger Medizin (die mit der Gesundheitskarte zurückgedrängt werden könnte) gut verdienen, über die Einführung der Gesundheitskarte entscheiden, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Und macht verständlich, warum seit 15 Jahren ein Durchbruch auf diesem Gebiet nicht erreicht werden konnte. Datenschutzbedenken werden von den Lobbyisten missbraucht um den wichtigen Fortschritt zu behindern. Das Prinzip der zwei Schlüssel, das hier zur Anwendung kommt, können Sie mit der Datenspeicherung bei Facebook und Co nicht vergleichen. Sicherheitstechnisch erreichen Sie mit diesem Prinzip das Niveau der PGP, das weltweit als Standard in punkto Datensicherheit akzeptiert wird.

    Im Übrigen finde ich Ihren Text stilistisch als vollkommen inakzeptabel. Wenn ich mich in der Diskussion über einen Sachverhalt befinde, käme ich nicht auf die Idee, die Vertreter der Gegenposition pauschal als „inkompetent“, als „Deppen“ und als „Vollpfosten“ zu bezeichnen. Das ist Battle-Rap-Niveau. Sprechen Sie so mit Kollegah aber bitte nicht mit uns. Bin mal gespannt, ob sie diesen Kommentar in Ihrem Blog stehen lassen.

    Mit freundlichen Grüßen – Dr. Frank Wittig, Abteilung Wissenschaft, Südwestrundfunk

    1. Hallo Herr Dr. Wittig, vielen Dank für ihren umfangreichen Beitrag, selbstverständlich werde ich diesen freischalten und im Blog stehen lassen. Ehrensache! Wie sie gelesen haben, halte ich von der Pressefreiheit sehr viel, deswegen zensiere und kürze ich keine Kommentare, außer natürlich Spam und Schweinkram. Ich freue mich über jede Kritik und Diskussion, vor allem von journalistischer Seite aus. Bis jetzt habe ich nämlich Kritik an medialen Berichten meist per E-Mail direkt an die Verantwortlichen geschickt. Diese Kritik war in aller Regel auch mit entsprechenden Quellen flankiert. Dies führte leider selten zu einer fruchtbaren Diskussion oder gar zu Erfolg.  Wer befleckt sich schon mit Quellen und Fakten. Vielmehr verwies man auf die akribische und hervorragende Recherche der Redakteure, auf die journalistische Sorgfalt und hin und wieder auch auf gewonnene Preise und Auszeichnungen. Selbstreflexion und Selbstkritik? Fehlanzeige, war zumindest meine Erfahrung. Im Zweifel wird alles von Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt. Dies ist dann übrigens auch der Grund, warum wir eines Tages beschlossen haben, diesen Blog zu gestalten, irgendwann ist man das Bashing leid, einseitig und undifferenziert als Abzocker etc. dargestellt zu werden, wenn man seinen Job richtig macht – inzwischen übrigens leider auch in den öffentlich-rechtlichen Medien. Daher haben wir es uns auch zur Aufgabe gemacht, eine ärztliche Sichtweise darzustellen. Mein letzter Disput war übrigens mit Ihrem Kollegen Herrn Dr. Jan Schulte-Kellinghaus über den Bericht „Zahnarzt-Abzocke: Wer zahnt, muss zahlen“. Wenngleich er selbst ein sehr angenehmer Zeitgenosse ist konnte man das über den Beitrag leider nicht sagen. Ganze Berufsgruppen zu verunglimpfen, halten Sie das für stilistisch einwandfrei? Wenn sie den rauen Ton beklagen, ich gebe Ihnen Recht, nur haben wir damit nicht angefangen. In dem Moment, in welchem Sie und Ihre Kollegen entschieden, dass reißerische Titel und „einfache“ Wahrheiten mehr Einschaltquoten bringen, in diesem Moment wurde der Stil sekundär. Abgesehen davon gehen Sie auch recht scharfzüngig gegen Mediziner vor, oder stammt das Buch „Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen“ nicht von Ihnen, um nur eines von einigen Beispielen zu nennen?

      Ich gebe Ihnen übrigens Recht, es ist nicht ok, wenn ich mich in der Diskussion über einen Sachverhalt befinde, die Vertreter der Gegenposition pauschal als „inkompetent“, als „Deppen“ und als „Vollpfosten“ zu bezeichnen. Dies ist aber ein Beitrag eines Blogs gewesen, keine Diskussion. Da nehme ich mir auch die Freiheit, „reißerische“ Stilelemente zu verwenden, wenn Sie gestatten. Ich bin im übrigen auch kein Rap-Fan, ich bevorzuge Klassik und Metal. Vor allem in Anbetracht auf letzteren werden Sie mir sicher recht geben, wenn ich sage, dass meine Rhetorik fast vornehm ist. Bei einer Diskussion aber – eben jetzt – werde ich selbstverständlich die gebotene Höflichkeit und den Respekt wahren.

      Um noch einmal auf Ihren Beitrag zurück zu kommen, bei allem Respekt für Ihre Recherche, vieles stimmt einfach nicht oder ist, vorsichtig formuliert, höchst naiv. Die von Ihnen erwähnten Verschlüsselungsmethoden mögen sicher sein, auch wenn dies entgegen Ihrer Aussage für PGP inzwischen eben nicht mehr gilt, ist aber sekundär. Die Hacker werden nicht versuchen, die Daten auf dem Transportweg zu kapern, sondern auf dem Server. Da ist der Transport längst abgeschlossen. Auf diese Server haben eine Menge Menschen Zugriff. Wie wurde denn Facebook, Yahoo et al. gekapert? Durch menschliches Versagen! Das wollen Sie genau wie unterbinden? Wollen Sie Korruption, Schusslichkeit oder Unkenntnis per Dekret verbieten? Das Anwaltspostfach wurde übrigens auch schon geknackt, noch vorm Start! Man kann doch nicht allen Ernstes der Meinung sein, das die TI sicher sei, nur weil es die Anbieter behaupten! Der Diesel war auch mal sauber! Ich gebe Ihnen Brief und Siegel, dass der erste Skandal nach flächendeckender Einführung vorprogrammiert ist. Sicher werden dann alle wieder „entsetzt“ sein und „sich bemühen, Schaden abzuwenden“ und „die Schuldigen zur Verantwortung….“ blabla…

      Herr Ellmer hat im Übrigen exakt zwei (sic!) Gründe genannt, warum die TI scheitert, Transparenz und Lobby. Transparenz ist jetzt schon defacto 100%ig! Jede einzelne Abrechenposition unserer Abrechnungen ist total überwacht. Sämtliche Behandlungen werden in Statistiken erfasst, Ausreißer werden zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen geladen und dürfen zahlen, zusätzlich gibt es noch Stichprobenprüfungen. Was bitte soll noch transparenter werden??? Und was ist mit der Lobby, mal abgesehen von der Rezept-Scan-Mafia?  Welche soll das sein? Zu den Apothekerverbänden kann ich nichts sagen aber die Kassenärztlichen- und Kassenzahnärztlichen Verbände? Echt jetzt? Letztere sind für uns Gleichschaltungsorgane bzw. besser formuliert ein Sicherstellungsorgan in Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ist im SGB V alles nachzulesen. Die sind doch diejenigen, die Ärzten und Zahnärzten durch Nichtstun in den Rücken fallen und das schon bei sämtlichen legislativen Prozessen der letzten 20 Jahre! Die fordern Regresse und Degressionsgelder von uns zurück, berechtigt oder nicht. Wenn auch immer man sich dort über Richtlinien beschwert, kommt ein „ich verstehe sie jedoch sind uns die Hände gebunden, wir müssen uns an die Gesetze halten“. Erfüllungsgehilfen halt. Die behindern nichts, außer die eigenen Kollegen!

      Es tut mir leid, sehr geehrter Herr Dr. Wittig, ich könnte hier noch seitenweise die Sinnlosigkeit der TI für über verbrannte 2 Mrd. Euro darlegen und warum wir dagegen sind etc. pp., ihr Fazit allerdings, dass wir Zahnärzte nun wild durch die Welt röntgen hat mir gezeigt, dass auch Sie sich nicht die Mühe gemacht haben, mal Ärzte zu fragen, was sie gegen das System haben oder aber es ist Ihnen (wie auch Ihren Kollegen) scheißegal. 

      Mit freundlichen Grüßen

      Andreas Kanev

    2. Sehr geehrter Herr Wittig,

      ein weiteres wichtiges Argument gegen die neue TI/eGk müssen Sie ebenfalls gelten lassen:

      Wenn die Telematik Infrastruktur (TI) so toll und sicher ist, warum sind dann Politiker, Beamte und Privatpatienten davon ausgenommen???

      Ich befürchte aber, dass dies Ihr unterirdisches Plausibilitätslimit völlig überfordert.